Die Gabe der Achtsamkeit

Was versteht man unter Achtsamkeit?

Die bekannteste Definition von Achtsamkeit stammt von Prof. Dr. Jon Kabat Zinn. Achtsamkeit bedeutet für ihn, auf eine bestimmte Art aufmerksam zu sein. Ganz im gegenwärtigen Augenblick, ohne sich selbst oder die Situation zu bewerten. Wenn wir Achtsamkeit üben, dann lenken wir unsere Aufmerksamkeit auf den aktuellen Moment.

 

Was bewirkt die Praxis der Achtsamkeit?

Menschen benötigen ein Warum. Warum sollten wir üben, im gegenwärtigen Moment zu sein? Eine Antwort wäre, damit wir unser Leben nicht im Autopilotmodus verbringen. Achtsamkeit macht uns wach für die Erfahrung in diesem Moment.

Ein Beispiel zu einer formellen Achtsamkeitsübung, wie sie im 8-wöchigen MBSR- Kurs gelehrt wird, ist der Bodyscan.

In dieser Übung lenken wir unsere Aufmerksamkeit mit einer freundlichen, neugierigen Haltung durch unseren Körper. Wir vertiefen unsere Wahrnehmung und erforschen, wie sich die einzelnen Körperteile jetzt in diesem Moment anfühlen. Sind sie warm oder kalt? Leicht oder schwer? Angespannt oder entspannt? Oder bereiten sie uns schmerzen?

Der nächste Schritt ist dann mit der Erfahrung zu sein, so wie sie im Moment ist, ohne das Erlebte zu bewerten.

Häufig ist das eine echte Herausforderung, weil unser Geist die Tendenz hat zu beurteilen und etwas nicht haben zu wollen. Wir bauen eine Geschichte zu der Erfahrung und machen sie damit größer. Dieses ist besonders bei unangenehmen Wahrnehmungen und Gefühlen der Fall.

Die Gabe der Achtsamkeit ist genau dieses zu bemerken. Also uns unserer Gedanken- und Handlungsmuster bewusst zu werden.

Wenn wir diese Fähigkeit wieder erlernen, haben wir die Möglichkeit, eine Wahl zu treffen. Wir reagieren nicht mehr automatisch, sondern bewusst.

 

 

Wie hilft mir Achtsamkeit im Alltag?

Im Alltagsstress können wir unseren Körper häufig nicht fühlen. Wir ignorieren unser Hunger oder Sättigungsempfinden. Wir blenden Verspannungen aus. Wir sind nicht mehr verbunden mit uns und unseren körperlichen Empfindungen. Unser Körper hat dann nur die Möglichkeit, sich über Beschwerden zu äußern.

Heißhunger und Schmerzen können die Folge sein.

Stress wirkt sich zunehmend auch auf unsere mentale Gesundheit aus. Unser Gehirn neigt dazu, in Katastrophen zu denken. Diese Fähigkeit sicherte in früheren Zeiten unser Überleben. Heutzutage sind wir aber permanent mit schlimmen Nachrichten und schrecklichen Bildern konfrontiert. Das führt dazu, dass ein Teil unseres Gehirns nun in ständiger Alarmbereitschaft ist.

Wir erleben Gefühle von Angst, Traurigkeit und Wut und möchten diese verständlicherweise schnell loswerden. Auf der Suche nach einer Lösung fangen wir an, unsere Gedanken immer um die gleichen Themen kreisen zu lassen oder wir lenken uns mit essen, trinken, fernsehen oder          Social Media ab.

Mit diesen Mustern verstärken wir unser Leid noch zusätzlich. Wir sind immer in Alarmbereitschaft, können uns schlecht konzentrieren und fühlen uns benebelt oder abgestumpft.

In der Achtsamkeitspraxis wenden wir uns diesen schwierigen Gedanken und Gefühlen in einer annehmenden Weise zu. Wir bleiben freundlich mit uns und verurteilen uns nicht.

Mit Achtsamkeit stärken wir unsere Selbstwahrnehmung. Wir fördern unsere Selbstregulation, Kreativität und Konzentration. Wir weiten unseren Blick und werden offener für neue Kenntnisse.

 

 

Meine Erfahrungen mit Achtsamkeit und warum ich MBSR Lehrerin geworden bin.

Ich befand mich in meiner Ausbildung zur Heilpraktikerin für Psychotherapie. Nebenberuflich arbeitete ich als Coach und wollte den nächsten Schritt gehen, um Menschen zu helfen, die an einer psychischen Erkrankung leiden.

In Deutschland benötigt man dafür neben Therapieerfahrung auch eine amtsärztliche Prüfung, die einem bescheinigt, keine Gefahr für die Volksgesundheit zu sein.

Mein Problem war, dass meine Gedanken ständig zu der bevorstehenden Prüfung wanderten. Mein Gehirn simulierte die fürchterlichsten Prüfungssituationen. Ich dachte ständig in Katastrophen. Obwohl mich die Themen der Ausbildung interessierten und ich grundsätzlich sehr gerne lerne, blieb nichts oder nur wenig in meinem Kopf hängen. Mein Geist war damit beschäftigt, eine schrecklich ungerechte Prüfung zu simulieren. Irgendetwas sperrte sich in mir.

Ich las seitenweise dicke Fachliteratur und am Ende wusste ich nicht mehr, was am Anfang stand. Ich konnte mich nicht auf den Text konzentrieren.

Überwältigt von den Inhalten hatte ich keine Idee, wie ich mir dieses Wissen zu eigen machen sollte.

Damit ich mir nicht ganz so jämmerlich vorkam, erfand ich logische Erklärungen, warum ich das nicht schaffen kann.

Meine Lieblingserklärung war, alles auf meinen als stressig erlebten Alltag zu schieben. Schließlich hatte ich Familie, Haus, Hund und zwei Berufe, denen ich gerne nachgehen wollte. Gut gemeinte Ratschläge, es doch bitte ruhig angehen zu lassen, machten mich eher ärgerlich und wütend.

Ich suchte nach einem Ausweg und überlegte, wie ich arbeiten könnte, ohne diese Prüfung ablegen zu müssen. Da gibt es aber keine rechtlich sichere Lösung und ich wollte mein Ziel auch nicht aufgeben.

 

Dann sah ich im Fernsehen einen Bericht, der sich mit Achtsamkeit und MBSR befasste. Zu dem Zeitpunkt hatte ich noch nie etwas von Stressbewältigung durch Achtsamkeit gehört.

Aber irgendwie war mein Interesse geweckt und ich recherchierte alles über MBSR, las mir Beiträge durch und schaute Dokumentationen. Am meisten begeisterte mich ein Bericht der sich damit beschäftigte wie Achtsamkeit unser Gehirnstruktur verändert. Das war sie die Lösung meines Problems und ich meldete mich für den 8-Wochenkurs an.

Nach vier Wochen Training bemerkte ich, dass sich meine Konzentration verbesserte. Das Lernen viel mir leichter und ich entwickelte eine Begeisterung für die Themen der Ausbildung. Es fühlte sich so an, als ob einfach mehr Raum für Neues geschaffen wurde …

Ich bemerkte schneller Verspannungen im Körper und konnte angemessen darauf reagieren……

Mich überzeugte dieses Konzept so sehr, dass ich die Ausbildung zur MBSR Lehrerin anfing, ich wollte Menschen diese wunderbaren Erfahrungen ermöglichen und meine therapeutische Arbeit erweitern.

Die für mich wichtigste erlernte Kompetenz ist die, mich selbst beruhigen zu können. Mit dieser entdeckten Ressource schaffte ich dann auch die Prüfung.

Heute hilft mir diese Fähigkeit bei meiner Arbeit und den herausfordernden Zeiten, in denen wir uns gerade befinden.

Wenn ich mit diesem Beitrag dein Interesse geweckt habe, dann lade ich dich ein, selbst einen Kurs bei mir oder meinen Kollegen und Kolleginnen zu besuchen.

Ich freue mich auf dich und deine Erfahrungen

Deine Carmen Preiß.